Drei in eins: Wiederherstellung der Greiffunktion, Tinnitus-Suppression und der gastrointestinalen Motilität
Tinnitus, Verdauungsstörungen und Einschränkungen der Greiffunktion haben auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun – das Forschungsprojekt INTAKT verbindet diese drei Szenarien allerdings in Form einer Basistechnologie für eine mögliche Therapie. Unter der Leitung vom Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT bringt das Innovationscluster Projektpartner aus Wirtschaft, Wissenschaft und Klinikbereichen an einen Tisch. Im Mai 2022 wurde das Projekt nach einer Laufzeit von fünf Jahren erfolgreich abgeschlossen.
Aufgabe
Vorgehen
Ergebnis
Der Plattformgedanke von INTAKT bringt die drei verschiedenen Bereiche zusammen. Das Mikroimplantate-Netzwerk ist für alle Anwendungen gleich. Die jeweiligen Systemkomponenten für die Steuerung, sowie Energie- und Datenübertragung werden an die Körperregionen angepasst, basieren aber auf einheitlichen Technologien. Die Nutzerschnittstellen für individuelle Einstellungen oder die Systemsteuerung wurden an die jeweiligen Therapiekonzepte angepasst wie z.B. eine Eyetracking-Brille zur Steuerung durch querschnittsgelähmte Benutzer.
INTAKT steht für INTerAKtive Mikroimplantate, die die Lebensqualität der Patienten sichtbar verbessern. Eine komplett neue Form der Mensch-Technik-Interaktion. Neben dem Design der Mikroimplantate, Energieträgern, Ladevorrichtungen, GUI für Patient und Arzt sowie OP-Werkzeug hat WILDDDESIGN Animationen in enger Zusammenarbeit mit den Klinikern erstellt, die auch für Fachbeiträge genutzt werden.
Wir befanden uns zum Großteil in der Grundlagenforschung – der Ansatz ist einzigartig und es existieren kaum bzw. keine gleichartigen Produkte. Die Kontextanalysen sowie die daraus entstandenen Use-Szenarien nahmen daher bereits viel Zeit und Aufwand in Anspruch. Aus Interviews und Fragebögen konnten mit den Klinikern Zukunftsszenarien und auch die Produktanforderungen entwickelt werden.
Für mehr Lebensqualität
Das Mikroimplantate-Netzwerk bietet die Möglichkeit, die betroffenen Organe mit bedarfsgerechten elektrischen Stimulationen individuell anzuregen. Im Anwendungsfall Intestinal werden mehrere Mikroimplantate im Magen-Darm-Trakt platziert und erproben die noch bestehende intestinale Funktion. Sie kommunizieren untereinander und geben die Daten an eine zentrale Steuereinheit weiter, die ebenso an der Bauchmanschette befestigt ist. Die Implantate geben elektrische Stimulationen ab und sorgen somit für koordinierte Bewegungen an Speiseröhre, Magen und Darm.
Im Anwendungsfall Greiffunktion werden bis zu 12 Implantate im Unterarm eingebracht. Der Patient trägt zusätzlich eine Eye-Tracking-Brille mit integriertem GUI (Graphical User Interface). Im Anwendungsfall Tinnitus-Suppression werden ein bis zwei Implantate am runden Fenster des Innenohrs eingesetzt. Die elektrischen Impulse regen hier im Gegensatz zu den anderen Anwendungsfällen nicht zur Bewegung an, sondern unterdrücken den Tinnitus.
Die Gestaltung der induktiven Energieüberträger bot besondere Herausforderungen, da sie an die jeweilige Körperform angepasst sind. Für die Greiffunktion und den intestinalen Bereich hat sich das Team für eine Spulenmanschette aus Stoff mit einem Klettverschluss entschieden. Für die Tinnitus-Suppression musste eine andere Lösung gefunden werden. Hier entschied man sich für ein Ear-Wearable. Dieses wird wie beim Cochlea-Implantat via Magnetverschuss hinter dem Ohr am Kopf angebracht. Das Design ist in allen Anwendungsfällen schlicht und wenig stigmatisierend. Für Tests der technischen Komponenten und der Befestigung der Implantate am Gewebe hat WILDDESIGN im 3D-Druck verschiedene Funktionsprototypen für die Projektpartner erstellt.
Nutzerzentriertes Design für Patient und Arzt
Um die Implantate einzusetzen verwenden die Operateure zunächst ein von WILDDESIGN für diese Anwendung entworfenes Detektionsinstrument, mit dem der optimale Stimulationspunkt bestimmt wird. Anschließend werden die Implantate mit chirurgischen Instrumenten platziert. Das neu gestaltete Spezialinstrument liegt auch bei längerer Benutzung ergonomisch in der Hand. Die Implantate liegen flach unter der Haut, sodass sie nicht auffallen. Für eine gute Energieversorgung liegt die Spule nah unter der Hautoberfläche.
Der Plattformgedanke greift auch beim GUI, das für alle Anwendungsbereiche gleich aufgebaut ist. Im Arztinterface kann der Facharzt Voreinstellungen vornehmen, die den Umfang der Anpassungen für den Patienten bestimmen. Der Patient kann individuelle Einstellungen einfach über das Patienteninterface vornehmen.
Zum Leben erweckt: Die Funktionsweise als Animation
Die zugehörigen Animationen zeigen die Funktionsweise der Implantate und ersetzen somit die Erstellung von High-End-Prototypen bei der Präsentationsveranstaltung zum Abschluss des Projektes, die durch Corona nur online stattfinden konnte. Aus simplen Animationen sind im Verlauf des Projekts detailreiche und aufwendige Videos geworden. Dafür ist unser Team um einen weiteren Mitarbeiter gewachsen: Thomas Lauterjung wird WILDDESIGN auch in Zukunft im Bereich 3D-Visualisierung und Animation unterstützen.
Und wie geht’s jetzt weiter?
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat das Projekt initiiert und gefördert. Es hat das Demonstrator-Implantat als positiv bewertet und nun strebt das Team nach der erfolgreichen präklinischen Phase die Miniaturisierung der technischen Komponenten an. Auf der von WILDDESIGN gestalteten Homepage finden Sie mehr Informationen sowie die weiteren Projektpartner.
"Je komplexer und neuartiger die Idee, umso wichtiger eine aufgeräumte, einfache Gestaltung! 18 Partner im Kooperationsprojekt konnten dieser Idee folgen!"
Ihr Ansprechpartner zum Projekt
Marc Ruta
Chief Technology Officer
+49 (0)209 702 642 00
marc.ruta@wilddesign.de