Expertise
Ecodesign – Tue Gutes … aber wie?
Anlässlich der Veranstaltung 4. EFA Dialog der Effizienz Agentur NRW (22. September 2016 in Dortmund) – wurde ich gebeten, einen kurzen Vortrag zum Thema „Ist Design Selbstzweck oder das Tor zur Nachhaltigkeit?“ zu halten. Die Grundgedanken gibt es in diesem Artikel:
Ecodesign – tatsächlich ökologisch bedingt?
Man kennt sie, die Beispiele von nachhaltigen Produkten:
Tolle Verpackungen aus Pulp-Karton, Leuchten aus Beton, Möbel aus Recyclingmaterial oder clevere Upcycling-Konzepte. Wir haben in den letzten Jahren gleich mehrere eco geprägte Pinterest Boards mit diesen Produkten erstellt, um uns (und unseren Kunden) diese Beispiele gesammelt vor Augen zu führen und in Erinnerung zu halten. Denn Öko muss nicht schlecht gestaltet bedeuten – diese Beispiele sehen nicht nur toll und inspirierend aus…
Ecodesign ist in diesem Sinne aber erst einmal ein Stilmittel – unabhängig davon, ob damit tatsächlich umwelt- oder ressourcenschonende Effekte erreicht werden. Denn wenn man sich als Designer diesem Thema nähert, merkt man schnell: nicht alles, was nach Eco aussieht ist es auch. Nicht immer ist ein Material aus nachwachsenden Rohstoffen einem synthetischen Material vorzuziehen, nicht immer ist das thermische Recycling negativ zu sehen.
Nicht immer ist Ressourceneffizienz als Idee so deutlich ablesbar, wie in den Vasen von designlibero (auf unserem Pinterest-Board) – filigrane 3D-Druck Teile, obwohl aus relativ teurem Thermoplast aufwändig per 3D Drucker hergestellt, verlängern den Lebenszyklus einer Getränkeflasche und machen daraus eine moderne dekorative Vase.
Wie können komplexe technische Produkte ressourcenschonend gestaltet und entwickelt werden?
Ecodesign bedient noch eine Nische, aber wie kann man den Eco-Ansatz in die restlichen 99% der industriellen Warenproduktion einbringen, in bestehende Wertschöpfungsketten die nicht so einfach zu ändern sind?
Das haben wir uns als Produktdesign-Agentur gefragt, die wir täglich neue Produkte erfinden und gestalten. Welchen Stellenwert hat nachhaltiges, ressourcenschonendes Design aktuell eigentlich? Offen ausgesprochen: einen ganz niedrigen… zumindest wenn ich von unserer täglichen Praxis als technisch geprägtes Designbüro ausgehe. In unseren Projekten als Medical Designer begegnet uns diese Anforderung von Kundenseite nur äusserst selten. Es ist einfach nicht gefragt, Punkt!
In den meisten unserer medizintechnischen Projekte stehen wir erst einmal vor einer sehr langen Liste mit Anforderungen und anzuwendenden Normen und da kommt Nachhaltigkeit – wenn überhaupt – ganz nachgeordnet vor. Die wichtigsten Anforderungen sind gesetzlich geregelt und kommen aus dem Risikomanagement, aus dem Usability Engineering so wie aus allgemeinen Anforderungen der Qualitätssicherung.
Ausbildung im Ecodesign fehlt
Zunächst haben wir einmal geschaut, wo wir uns informieren und weiterbilden können. Wir sind schließlich auf das ecocircle concept von Susanne Volz gestoßen und haben uns kurz entschlossen für ihren 12-teiligen Schnellkurs „Ecodesign to go“ eingeschrieben. Hier werden die grundsätzlichen Begrifflichkeiten und Zusammenhänge erklärt.
Klar, das führt uns sicherlich nicht bis ins letzte Detail, aber für ein 8-semestriges Studium in Nachhaltigem Design (wie es z.B. die Hochschule Ecosign in Köln anbietet) fehlte uns einfach die Zeit. Das Ergebnis des Volz-Kurses war: Wir waren sensibilisiert und uns der Komplexität und Vielschichtigkeit des Themas Ecodesign bewusst.
Das JUMP Tool der Effizienzagentur NRW
Im nächsten Schritt kamen wir in Verbindung mit der Effizienzagentur NRW in Duisburg und lernten deren Förderprogramm und Methodenbaukasten JUMP Tool kennen. Wir waren begeistert von der übergreifenden Kompetenz der EFA Mitarbeiter und auch von den Anregungen im JUMP Tool Methodenbaukasten. Hier finden sich so sinnvolle Methoden wie die Eco-Checkliste oder die Lebenszyklus-Analyse, aber auch eine Reihe von Design-Thinking Methoden wie Brainstorming oder der Morphologische Kasten. In Summe ganze 63 einzelne Design-Werkzeuge die dem Designer, Ingenieur und Entwickler helfen können, sich dem Thema Ressourceneffizienz zu nähern und geeignete Methoden anzuwenden.
So sensibilisiert und vorgeprägt konnten wir zwei unserer aktuellen Kunden gewinnen, ein ressourceneffizientes Projekt in Begleitung der EFA aufzusetzen. Zum einen das Medizintechnikunternehmen Spiggle & Theis mit einem neuen Bohrhandstück für die Dentalimplantologie, sowie ein weiteres mittelständisches Unternehmen aus NRW, für das wir einen speziellen Schaltkasten herstellen durften.
Mit Unterstützung der EFA konnten wir in beiden Projekten ressourceneffiziente Effekte realisieren, die im Wesentlichen folgende Maßnahmen umfasste:
- Reduzierung der Teilezahl
- Vereinfachung der Fertigungsprozesse
- Modularer Gehäuseaufbau mit Verwendung von Gleichteilen
- Montagefreundlichkeit, Einsparung von Installationsaufwand
Das alles konnten wir im Einklang mit den übrigen Anforderungen und Entwicklungszielen realisieren, so dass am Ende marktfähige Produkte mit einer verbesserten Gebrauchstauglichkeit und modernem Produkterscheinungsbild resultierten.
Fazit: Ohne die richtigen Kooperationspartner geht es nicht
Durch die enge Kooperation mit den Fachleuten der EFA wurde es uns erst möglich, in unseren technischen Designprojekten das Thema Ressourceneffizienz aufzunehmen – nicht im Sinne eines ganz und gar nachhaltigen und ökologischen Produktes, sondern im Sinne einer graduellen Verbesserung in Richtung auf Nachhaltigkeit.
Ein weiterer positiver Effekt war die Sensibilisierung der Auftraggeber-Unternehmen, die bisher nur wenige Möglichkeiten sahen, ihre guten Absichten der Nachhaltigkeit in die Produktentwicklung einfließen zu lassen. Ein guter Anfang also und durchaus empfehlenswert für die vielen mittelständischen Unternehmen in NRW, die täglich in ihren Märkten mit der Austauschbarkeit und Beliebigkeit ihrer Produkte zu kämpfen haben.
Nur über positive Projekterfahrungen, wie die EFA es in den letzten Jahrzehnten tausendfach geschafft hat, werden Hersteller sich ganz auf das Thema Ressourceneffizienz einlassen – und in der Folge dann hoffentlich eigene Experten im Unternehmen beschäftigen, die das Know-How für den Produktbereich und die verwendeten Materialien und Fertigungsprozesse im Unternehmen aufbauen und halten.
Wir als Designer wollen dabei gern in der Moderatorenrolle bleiben und dafür sorgen, dass die Bündel von Anforderungen aus den unterschiedlichen Fachbereichen in einem vernünftigen, langlebigen und nachhaltigen Produkt umgesetzt werden, das unseren Auftraggeber ein gutes Stück zukunftsfähiger macht.
Häufig gestellte Fragen